Gutachten belegt: Vergütungsstruktur im qualifizierten Krankentransport evident unzureichend!

Bereits im September 2022 beauftragten der Bundesverband eigenständiger Rettungsdienste und Katastrophenschutz e. V. (BKS) und der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs Nordrhein-Westfalen VSPV e.V. das renommierte Gutachterbüro Linne + Krause aus Hamburg mit einer Untersuchung der Wirtschaftlichkeit im Bereich des qualifizierten Krankentransports. Im Mittelpunkt des nun veröffentlichten Gutachtens steht die Frage nach der Angemessenheit der Vergütung durch die gesetzlichen Krankenkassen als Kostenträger. Die Frage zu den aktuellen Vergütungen beantwortet das Gutachten eindeutig: evident unzureichend!

BKS e.V. VSPV e.V.

Die Untersuchung der Sachverständigen, die als Experten zahlreiche Gutachten in den Bereichen Mobilität und Personenverkehr veröffentlicht haben, kommt zu dem Ergebnis, das eine Ungleichbehandlung zwischen gewerblichen -meist privatwirtschaftlichen- Unternehmen und dem öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst stattfindet.

Demnach werden öffentliche Anbieter auf Basis von festen Budgets von den Kostenträgern finanziert und können Krankentransporte über selbst festgesetzte Gebühren abrechnen. Für private Anbieter hingegen gilt das „Verhandlungsmodell“, bei dem jeder Anbieter mit Kostenträgern Preise verhandelt. Diese werden in der Regel als Preise pro Kilometer vereinbart, bei denen An- und Abfahrtsstrecken unberücksichtigt bleiben.

„Im Ergebnis werden für annähernd gleiche Leistungen sehr unterschiedliche Vergütungen zugestanden. Für den gleichen Krankentransport können öffentliche KTW-Anbieter zuweilen mehr als das Doppelte abrechnen als die Privaten.“, so Thomas Krause, Geschäftsführer des Gutachterbüros Linne + Krause.

Das Gutachten wertet die betriebswirtschaftlichen Daten von verschiedenen Krankentransportbetrieben aus dem Kalenderjahr 2022 aus. Die Unternehmen sind in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ansässig und stellen annähernd 100 Krankentransportwagen (KTW) in verschiedenen Regionen zur Verfügung.

Wachsende Rolle privatwirtschaftlicher Anbieter 

Die Leistungserbringung im deutschen Rettungsdienst (Notfallrettung und Krankentransport) werde von öffentlichen Anbietern (kommunale Dienste) und Hilfsorganisationen dominiert, wobei der Anteil privater Anbieter nicht ohne Bedeutung sei. Allerdings haben diese das Potential, die Arbeit der Träger des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes künftig noch stärker als bislang zu entlasten.

Auch aus Sicht der Krankenkassen entspräche es wirtschaftlicher Vernunft, die vorhandenen Ressourcen privater Anbieter besser zu nutzen. Diese können eine wichtige und zukünftig unverzichtbare Entlastungsfunktion übernehmen – sowohl bei Krankentransporten wie auch bei (vermeintlichen) Rettungseinsätzen, für die häufig auch ein KTW ausreiche.

So erläutert Thomas Krause in seinem Gutachten: „Die aus wirtschaftlicher Sicht für alle Beteiligten sinnvolle Substitution von Rettungseinsätzen durch Krankentransporteinsätze scheitert auch an rechtlichen Hindernissen, die in Zeiten massiven Personalmangels zum ernsthaften Problem werden.“

„Bei angemessener Vergütung könnten jedoch wirtschaftlich kalkulierende private Anbieter leistungs- und marktgerechte Löhne zahlen und somit auch die Krankenkassen finanziell insgesamt entlasten.“, so Krause weiter.

Wettbewerb stärken und Chancen nutzen

Die Untersuchung zeigt: Gemessen an der vorgegeben Vorhaltezeit sind die untersuchten Krankentransportbetriebe im Durchschnitt zu rund 57% ausgelastet. Aber auch private Anbieter stehen im Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Um wettbewerbsfähig zu werden, müssten Löhne und Arbeitsbedingungen zumindest auf Niveau des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) angepasst werden.

„Wir fordern für unsere Mitgliedsunternehmen schon lange den transparenten Austausch mit den Kostenträgern über Kostenkalkulationen, wie Sie im öffentlichen Rettungsdienst üblich sind. Es braucht den Dialog, um zu Entgelten zu finden, die unsere Mitgliedsunternehmen leistungsfähig und verlässlich halten. Dazu zählt auch die Anerkennung des TVÖD für unsere Mitarbeitenden.“, erklärt Florian Reinhold, Präsident des BKS mit Sitz in Berlin.

„Die Ergebnisse dieses Gutachtens bekräftigen unsere Änderungsvorschläge zu den Rettungsdienstgesetzen in den Landesparlamenten. Es braucht klare Regelungen, wie wir Sie beispielsweise in Niedersachsen mit unserer Petition schon 2022 gefordert haben.“, so Reinhold weiter.

Ungesunde Preisfixierung

„Mit ihrer unbekümmerten Fixierung auf den Preis leisten die Krankenkassen der Verdrängung ordnungsgemäßer Anbieter Vorschub. Dabei berufen sich die Krankenkassen stets vordergründig auf ihre gesetzliche Verpflichtung zur Wahrung der Beitragsstabilität, übersehen aber, dass Beitragsstabilität nicht auf Grauwirtschaft fußen kann. In ihrem Streben nach dem „billigsten Preis“ untergraben die Krankenkassen ihre eigene Position, die auf Beitragsehrlichkeit basiert. Was Krankenkassen und Rechtsprechung als Nutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven interpretieren, ist vielfach letztendlich Dumping.“, erläutert Krause in seinem Gutachten die Schieflage weiter.

„Im Durchschnitt wird pro Einsatz ein Minus eingefahren – ein Defizit, das zumeist durch andere Geschäftsfelder quersubventioniert wird“

VSPV und BKS sehen Ihre Forderungen gegenüber Politik und Kostenträgern bestätigt. Es braucht klare gesetzliche Regelungen, wie eine auskömmliche Vergütung festzulegen ist und die Ungleichbehandlung muss im Sinne der Patientinnen und Patienten im Rettungswesen ein Ende finden.

„Unsere Mitglieder stehen für Innovation und kundenorientierte Dienstleistung. Aus unserer Sicht spielen diese Werte in der Gesundheitsbranche insgesamt noch eine zu geringe Rolle. Es muss mehr um Qualität als nur um Kosten in der rettungsdienstlichen Versorgung gehen. Dazu braucht es klare gesetzliche Regelungen.“, fordert Sascha Waltemate, Geschäftsführer des VSPV e.V.

Dabei ist auch die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eindeutig. Zuständig sei hier die jeweilige Landespolitik und damit brauche es ergänzende Regelungen zur Ermittlung angemessener Vergütungen für qualifizierte Krankentransporte außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes in den jeweiligen
Landesrettungsdienstgesetzen.

 

Über den VSPV:

Der VSPV ist die Berufsvertretung der im privaten Straßenpersonenverkehrsgewerbe tätigen Unternehmer. Dies sind: Taxi-, Mietwagen-, Omnibus- sowie private Krankentransport- und Notfallrettungsdienstunternehmer. Im Bereich Krankentransport- und Notfallrettungsdienst ist der Verband bundesweit tätig.

Über den BKS:

Der BKS – Bundesverband eigenständiger Rettungsdienste und Katastrophenschutz e.V. repräsentiert als Spitzenverband auf Bundesebene Unternehmer und sonstige Dienstleistungsanbieter aus den Bereichen Rettungsdienst, qualifizierter Krankentransport und sonstiger artverwandter Dienstleistungen. Als Dachverband ist der BKS in insgesamt acht Landesverbände privater Rettungsdienste und Krankentransportunternehmen untergliedert. Der in Berlin ansässige Bundesverband vertritt die Interessen seiner mehr als 150 angeschlossenen Unternehmen gegenüber der Politik und der öffentlichen Hand.

Bundesweit steht der BKS damit für über 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie mehr als 1.000 Einsatzfahrzeuge, die vielerorts auch aktiv im Katastrophenschutz mitwirken. In vielen Bundesländern hat der BKS Sitz und Stimme in den für den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz zuständigen Landesausschüssen und beteiligt sich aktiv an Gesetzgebungsverfahren.

Pressekontakte:

VSPV: Sascha Waltemate, waltemate@vspv-nrw.de, 0231 528 227

BKS: Florian Reinhold, f.reinhold@bks-rettungsdienst.de, 05528 201 92 20

Pressefragen

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